Textprobe:Kapitel 6. Vertonungen und Seekarten:6.1 Portulankarten:Seekarten sind speziell für nautische Zwecke angefertigte Karten der Küsten und Meere, die den Schiffern eine ganze Reihe von Informationen geben, die diese auf ihren Fahrten nutzen können. Sie werden in Verbindung mit dem Kompass genutzt und erlauben den Seefahrern somit, ihre Position auf See zu überprüfen und etwaige Kursänderungen vorzunehmen. Zudem unterscheiden sich Seekarten von einfachen Landkarten dahingehend, dass dem Betrachter auch Informationen zu veränderlichen Gegebenheiten der jeweiligen Orte, etwa den Gezeiten der Küstenregionen, geliefert werden. Seekarten dienen im Wesentlichen drei Zwecken. Zum einen sollen sie die sichere Überquerung der Meere außerhalb jeder Landsicht garantieren. Zum anderen dienen sie mit ihren Küstenbeschreibungen der Fahrt in Sichtweite des Landes und liefern zudem wichtige Informationen, die beim Ein- oder Auslaufen in einen Hafen oder eine Reede nützlich sind. Die früheste schriftliche Überlieferung der Nutzung einer Seekarte stammt aus dem Jahre 1270. In diesem Jahr segelte der französische König im sogenannten Siebten Kreuzzug nach Tunis. Um dem König die genaue Position auf See zeigen zu können, fertigte der Schiffer zu diesem Zweck eine Seekarte an.Um die gleiche Zeit kamen auch die sogenannten Portulankarten, die in der Seefahrt des Mittelmeerraumes seit Ende des 13. Jahrhunderts belegt sind und aus älteren Küstenbeschreibungen, den bereits erwähnten Portulanen, hervorgegangen waren, auf. Die Portulankarten stellten eine große Neuerung in der mittelalterlichen Kartographie dar. Die Weltkarten vor dieser Zeit, die aufgrund ihres Siegels TO ( TO = Terrarum Orbis) auch als TO-Weltkarten bezeichnet werden, wobei das O den Kreis und das T im Innern der Karte die Dreiteilung der Welt darstellen, waren vor allem durch biblische Elemente und die Vorstellung über die Welt gekennzeichnet. Mit dem Aufkommen der Portulankarten traten in der Kartographie nun Erfahrungen an die Stelle von biblischen und teils mythischen Vorstellungen.Die Portulankarten waren mit Windrichtlinien versehen, die von einem Punkt der Karte aus in sämtliche Windrichtungen ausstrahlen. Sie zeigen vor allem die Küstenlinien mit ihren Gefahren, etwa Inseln und Flussmündungen, die für die Schiffer zum Verhängnis werden konnten. Zudem waren alle bekannten Häfen, Vorgebirge, Buchten und andere markante Punkte beschriftet, wobei der Name senkrecht zur Küstenlinie geschrieben wurde, um die Stelle auf See genau lokalisieren zu können. Die verschiedenen Symbole, die in den Karten verwendet wurden, blieben über Jahrhunderte unverändert. So markierte etwa ein schwarzes Kreuz einen gefährlichen Felsen und rote Punkte gaben die Orte an, an denen das Wasser besonders flach war. Auch wurden Häfen und Städte mit Flaggen markiert und ein Kreuz oder Halbmond zeigte sogar an, welcher Religion die Bewohner angehörten. Der geographische Raum, den die Portulankarten umfassen, beschränkt sich in den frühen Karten zunächst hauptsächlich auf den Mittelmeerraum, also von der Straße von Gibraltar bis Konstantinopel sowie das Schwarze Meer, teilweise werden allerdings auch skizzenhaft Teile Nordwesteuropas abgebildet. Auf den späteren Portulankarten des 15. Jahrhunderts hingegen, etwa auf den Karten des Graziosa Benincasa, die zwischen 1461 und 1482 entstanden, werden auch die afrikanische Küste und vor allem Teile Nordeuropas abgebildet. Für die Erweiterung des geographischen Raumes der Portulankarten sind zum einen die Entdeckungsfahrten der Portugiesen und zum anderen der Handel der italienischen Küstenstädte mit Flandern verantwortlich. Da es den mediterranen Schiffern auf ihren Handelsreisen ermöglicht werden sollte, auch in diesen Gewässern sicher zu navigieren, war es nötig, die nördlichen Seegebiete in die Karten aufzunehmen.Auf den Portulankarten, etwa der sogenannten "Pisaner Karte", der ältesten erhaltene... Mehr